Mehrere hunderttausend Mรคnner und Frauen erlebten die unmittelbare Nachkriegszeit รผber Monate oder Jahre hinweg in Internierungslagern. Die Internierten selbst, ihre Erfahrungen und Strategien, fanden aber bislang nur wenig Beachtung. Ihr Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit, ihr Alltag im Lager sowie ihre Reintegration in die junge Bundesrepublik werden hier deshalb erstmals systematisch analysiert. Kerstin Schulte untersucht, welche Rolle dabei Vorstellungen von โVolksgemeinschaft" spielten und fragt, inwiefern sie zu einem entscheidenden Teil erst danach, in den Internierungslagern, geprรคgt wurden und sich damit nicht allein aus den Erfahrungen der Jahre 1933 bis 1945 ableiteten. Sie zeigt, dass es neben dem eigenen Erleben des Nationalsozialismus gerade die gemeinsamen Lagererfahrungen waren, welche die รถffentlichen รuรerungen vieler Deutscher zur jรผngsten Vergangenheit in den folgenden Jahren bestimmten. Erst in den Lagern waren jene Narrative des Redens wie Beschweigens erdacht, kommuniziert und intergenerationell ausgehandelt worden, auf die sich dann der Konsens der Tรคter in der jungen Bundesrepublik stรผtzte.