In der Textlinguistik stehen heute zahlreiche analytische Orientierungen mehr oder weniger unverbunden neben einander. Diese unbefriedigende Situation ist der Ausgangspunkt fรผr den theoretischen Neuansatz, der in der vorliegenden Studie entwickelt wird. Dieser besteht in einer Theorie der Textkommunikation, die auf zwei grundlegenden Prรคmissen aufbaut: Textkommunikation ist eine soziale Wirklichkeit sui generis; und die Konstitution dieser sozialen Wirklichkeit erfolgt im Medium der Schrift. Textkommunikation ist Kommunikation mit und durch Schrift. Die Grundbedingung dieser Kommunikation ist nicht die Anwesenheit der Kommunikationsteilnehmer, sondern die Lesbarkeit des Textes, die im Moment der Lektรผre aufgrund von Lesbarkeitshinweisen zustande gebracht wird. Der Text ist in dieser Sicht nichts anderes als das Ensemble solcher Lesbarkeitshinweise, die beim Lesen situations- und kontextabhรคngig ausgewertet werden. Lesbarkeitshinweise machen deshalb den Gegenstand der Textlinguistik aus. Die vorgelegte Theorie der Textkommunikation ermรถglicht es, den Lektรผreprozess als genuin soziales Geschehen zu erfassen, dessen Fluchtpunkt nicht das jeweils konkrete Textverstรคndnis eines empirischen Lesers ist, sondern die soziale Lesbarkeit.