Stuttgarter Privatvorlesungen

· Philosophische Bibliothek Kitabu cha 687 · Felix Meiner Verlag
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Im Jahre 1810 hielt F. W. J. Schelling in Stuttgart vor einem kleinen Kreis hoher Staatsbeamter private Vorlesungen. Juristen, Ärzte und Literaten versammelten sich hier zum ›philosophischen Gespräch‹, um die Prinzipien des Schelling'schen Systems kennenzulernen und zu diskutieren. War Schelling Pantheist? Oder: Ließ sich die stufenweise Entfaltung der Natur mit dem Gang menschlicher Entwicklung in Pestalozzis Erziehungslehre zusammenbringen? Und: Wie stand es mit der Religion? – so fragte der prominente Veranstalter des Vorlesungszyklus, der württembergische Oberjustizrat E. F. von Georgii, in seinen Briefen an den Philosophen. In den »Stuttgarter Privatvorlesungen« legt Schelling einen klargegliederten Systementwurf vor, der aufgrund seiner Stringenz einen umfassenden und konzentrierten Überblick auf das breite Themenspektrum seines Denkens ermöglicht. Gott – Natur – Mensch bilden die metaphysischen Grundbegriffe des Systems, die hier mit Bezug auf Schellings Identitätsphilosophie (1801–1808) und zugleich über sie hinaus entfaltet werden. Nur ein Jahr nach der wirkungsmächtigen »Freiheitsschrift « (1809) und fast zeitgleich mit der Aufnahme der Arbeit an den »Weltaltern« (1811–1815) verfasst, nimmt der Text eine Schlüsselfunktion im Gesamtwerk des Philosophen ein, in dem sich 1810 der Übergang zu Schellings geschichtlicher Philosophie vorzeichnet. Der erst aus dem Nachlass von Schellings Sohn in den »Sämmtlichen Werken« herausgegebene Text wird hier zusammen mit der von Georgii angefertigten Nachschrift in einer Studienausgabe präsentiert und durch den Briefwechsel zwischen dem Philosophen und dem Juristen ergänzt.

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Friedrich Wilhelm Joseph Schelling wird 1775 in Leonberg geboren und darf bereits als 15-Jähriger zusammen mit Hegel und Hölderlin am Tübinger Stift studieren. Frühe beachtenswerte Publikationen machen ihn bekannt, so daß er durch Fürsprache Goethes 1798 einen Lehrauftrag an der Universität Jena bekommt. Es entsteht ein enger Kontakt mit Fichte, den Brüdern Schlegel, Novalis und Tieck, der sich um die Ideen der Frühromantik zentriert. Im Jahre 1800 erscheint das System des transzendentalen Idealismus, in dem Schelling das Programm seiner Philosophie, d.h. die Notwendigkeit der Zusammenführung von Natur- und Transzendentalphilosophie begründet. Zunächst Anhänger Fichtes, trennt ihn bald in der Frage nach dem Absoluten und Endlichen ein anderer Ansatz in der Naturphilosophie von diesem. Mit der ab 1801 entwickelten Identitätsphilosophie wird die Abkehr von Fichte und die Auseinandersetzung mit Hegel offenbar. Die Philosophischen Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit machen diesen Wandel deutlich. Schelling folgt 1827 einem Ruf nach München, wo er die „Wendung“ seines Denkens von der rein logischen „negativen“ zur „positiven“ Philosophie, in der die Offenbarung und der mythologische Prozeß eine wesentliche Rolle spielen, in Vorlesungen darlegt. Nach Hegels Tod nimmt Schelling 1842 für vier Jahre eine Lehrtätigkeit in Berlin auf, zieht sich dann aber aus der Öffentlichkeit zurück und stirbt 1854 in der Schweiz.

Vicki Müller-Lüneschloß ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Projekt »Schelling in München (1811–1841). Hybride Nachlass-Edition« an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. 2016 gab sie die Stuttgarter Privatvorlesungen Schellings heraus (PhB 687).

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