Die deutsche Schweiz gilt als typischer Fall einer Diglossiesituation, in der die Dialekte die ausschliessliche Alltagsvarietรคt aller Bevรถlkerungskreise darstellen. Die historischen Bedingungen, die zu dieser sprachgeschichtlichen Entwicklung gefรผhrt haben, sind bislang jedoch wenig untersucht. Die Studie analysiert die รถffentlichen Debatten zum Schweizerdeutschen und zum Verhรคltnis zwischen Dialekt und Standardsprache in der Deutschschweiz des 19. Jahrhunderts. Auf dieser Grundlage rekonstruiert sie zeitgenรถssische Spracheinstellungen und dominante Formen kollektiven Sprachbewusstseins. Sie zeigt, wie sich vor dem Hintergrund gesellschaftsgeschichtlicher Entwicklungen ein nationales Sprachbewusstsein ausbildet, aus dem heraus sich die Diglossie als spezifisches Element einer (Deutsch)Schweizer Sprachkultur konsolidiert, die bis in die Gegenwart anhรคlt. Die Erkenntnisse รผber die sprachbewusstseinsgeschichtlichen Prozesse des 19. Jahrhunderts, zu denen die Untersuchung eines umfassenden Quellenkorpus gelangt, fรผhren zu nachhaltigen Einsichten in die Geschichte der Deutschschweizer Diglossie und leisten einen massgeblichen Beitrag zum Verstรคndnis der Deutschschweizer Sprachsituation.