Sonja T.
Inhalt: Für Felix ist seine chaotische Mutter die Beste. Auch, nachdem sie, nach ein paar Umzügen, ihre Miete nicht mehr zahlen kann und ein alter VW-Bus ihr Zuhause wird. Von nun an geht’s von einem Standort zum nächsten. Immer darauf bedacht, nicht aufzufallen und, wenn möglich, zumindest eine öffentliche Toilette in der Nähe zu haben, auf der man seine Notdurft verrichten und sich waschen kann. Denn nach außen hin ist Felix ein ganz normaler Schüler auf seiner neuen Schule. Und nicht mal sein bester Freund Dylan kennt die Wahrheit. Felix hat einen Plan, wie er alles zum Guten wenden kann, doch die Probleme haben gerade erst angefangen. Meinung: „Adresse unbekannt“ von Susin Nielsen ist ein warmherziges, mitreißendes Buch mit sympathischen Charakteren, das mich gleichermaßen bewegen und begeistern konnte. Es geht um wichtige Themen wie Obdachlosigkeit, Depressionen, Mitgefühl, Freundschaft und Liebe. Im Mittelpunkt steht der 12-jährige Felix. Er ist ein sehr kluger Junge, der das Wissen nur so aufsaugt und der seine Mutter und seine Rennmaus Horatio liebt. Und er ist begeistert von Quizsendungen, wie er sie immer mit seiner Oma geschaut hat. Hier rät er sogar mit und beantwortet die Fragen besser, als jeder Kandidat. Felix ist jedoch kein guter Lügner und muss deswegen unheimlich aufpassen, dass er seine neue Wohnsituation nicht verrät. Denn, dass er und seine Mutter in dem alten VW-Bus wohnen, darf niemand erfahren. So beginnt für den intelligenten Jungen ein Versteckspiel der besonderen Art. Astrid, seine Mutter, ist da schon ein ganz anderes Kaliber. Sie ist, wie Felix es selbst sagt, die geborene Wahrheitsverdreherin und er hat ihre Lügen sogar in verschiedene Grade eingeteilt. Da gibt es Lügen, die nicht weh tun und die, die ganze Leben zerstören können. Astrid würde alles für ihren Sohn tun und man merkt immer wieder, wie viel sie tut, um ihm seine Wünsche (wie zum Beispiel die neue Schule) zu erfüllen. Sie ist eine Lebenskünstlerin, die die Wahrheit und die Gesetzte so hinbiegt, wie sie sie gerade braucht. Wenn sie ihre sogenannten „Krisen“ hat, wendet sich das Blatt jedoch für ein paar Tage und Felix muss sich um seien Mutter kümmern. Dylan ist ein aufgeweckter und liebenswerter Junge, der früher Felix bester Freund war. Als sie sich auf der neuen Schule wiederbegegnen, nehmen sie ihre Freundschaft wieder auf und sind ab da unzertrennlich. Dylan kommt aus ganz normalen Verhältnissen und hat keine Ahnung von dem Leben, dass sein bester Freund neben der Schule führt. Und dann gebe es noch meinen absoluten Lieblingscharakter in diesem Buch, nämlich Winnie. Sie ist extrem klug, aber was Sozialkompetenz angeht, hinkt sie ein bisschen hinterher. Sie stellt unangemessene Fragen, redet in einer Tour, ist rechthaberisch und, so findet Felix, extrem nervig. Aber sie ist auch liebenswert und eine extrem gute Freundin. Das Buch lebt von seinen sympathischen Charakteren und der wundervoll geschriebenen Geschichte. Die Autorin schafft es, die ernsten Themen, die sie behandelt, auf eine empathische, warmherzige und manchmal augenzwinkernde Weise zu erzählen und trotzdem auf Missstände und Schwierigkeiten aufmerksam zu machen. Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und empfehle dieses Buch Fans von Jugendbüchern mit Tiefgang. Fazit: Wundervolles Jugendbuch, das auch ernste Themen behandelt und von seinen sympathischen Charakteren lebt. Sehr zu empfehlen.
Cindy R
Die Autorin hat schon vor vielen vielen Jahren die Bücher zur Serie "Degrassi Junior High" geschrieben, eine kanadische Highschool-Serie, die ich als Jugendliche sehr gern geschaut habe, leider wird das seit vielen Jahren nicht mehr wiederholt. Dort ging es nicht nur um den 1. Freund und schlechte Noten, sondern wo die Schüler teilweise auch aus sozial benachteiligten Familien stammten und die Themen dementsprechend auch etwas ernster waren. Einem solchen Thema widmet sie sich auch in "Adresse unbekannt". Felix und seine Mutter rutschen immer mehr in die Armut ab und leben mittlerweile in einem Campervan. Und so wie Felix ihren Weg dorthin beschreibt, kann das tatsächlich so gut wie jeden treffen. Damit Felix trotzdem eine gute Schulbildung erhält, und sie vor allem nirgendwo auffallen und das Jugendamt auf den Plan rufen, müssen sie sich immer wieder "durchschummeln". Bereits zu Beginn erfährt man, dass sie dennoch irgendwann bei der Polizei landen. Und Felix erzählt dann rückblickend seine Geschichte. Das ist alles einen Hauch bedrückend zu lesen, da man ja schon weiß wo es hinführen wird - aber nicht unbedingt wieso, und vor allem weiß man nicht wie es endet. Doch nur weil es ein Jugendbuch ist kann ich nicht automatisch davon ausgehen, dass schon alles gut gehen wird. Obwohl ich es mir natürlich sehr für Felix und seine Mutter gewünscht habe! Insgesamt fand ich das Buch super! Zum einen weil es wirklich gut geschrieben ist, weil die Geschichte spannend ist, weil sie authentisch wirkt auch ohne dass ich ähnliches aus meinem persönlichen Umfeld kenne. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass auch hierzulande eine Situation wie die von Felix und seiner Mutter leicht möglich ist. Und genau deshalb ist es auch gut, dass es darüber mal ein Buch für Jugendliche gibt, denn auch die können und sollen wissen, wie das Leben für manche Menschen aussieht. (Und wie ein bisschen Unterstützung doch schon einen Unterschied machen kann).