Es ist der nรผchterne, sezierende Blick Flauberts auf das tragische Schicksal der Fรฉlicitรฉ, der diese Erzรคhlung so skandalรถs modern erscheinen lรคsst. Hanns Zischler liest die รbersetzung von Heidi Kirmรe und Adelheid Witt mit der angemessenen klugen Distanziertheit.
(Laufzeit: 1h 22)
Gustave Flaubert, 1821 in Rouen als Sohn eines Chirurgen geboren, besuchte zuerst die Schulen in seiner (durch ยปMadame Bovaryยซ berรผhmt gewordenen) Vaterstadt, studierte eher lust- und erfolglos die Rechte in Paris und muรte sich dann aufgrund eines rรคtselhaften Nervenleidens aus jeder Berufstรคtigkeit zurรผckziehen. Er lebte in strenger schriftstellerischer Askese in Rouen, unternahm immer wieder Reisen in Europa, nach Nordafrika und dem Nahen Osten und starb 1880 im Alter von 59 Jahren. Flaubert war unerbittliche Prรคzision in der Kunst wichtiger als รผberhitzte Inspiration und das Suchen nach bisher unbeschriebenen Aspekten der Wirklichkeit wesentlicher als romantische Gefรผhlsdarstellung. Diese strenge Forderung setzte er in ยปMadame Bovaryยซ in revolutionรคrer Weise um - doch vorher hatte es in seinem Leben eine Epoche gegeben, die in ihrer anarchischen Heftigkeit ihresgleichen sucht.
Hanns Zischler arbeitet als Schauspieler und Publizist in Berlin und anderswo. Neben seiner Mitwirkung im Fernsehen und in internationalen Filmen grรผndete er 2006 den Alpheus Verlag wieder. 1996 erschien ยปKafka geht ins Kinoยซ, 2008 (mit Sara Danius) ยปNase fรผr Neuigkeiten - Vermischte Nachrichten von James Joyceยซ; 2010, zusammen mit Hanna Zeckau: ยปDer Schmetterlingskofferยซ, und ebenfalls 2010 zusammen mit Friederike Gross der Comic ยปAus der Nachweltยซ. 2009 erhielt er den Heinrich-Mann-Preis (fรผr Essayistik) der Akademie der Kรผnste, Berlin, 2010 den Deutschen Hรถrbuchpreis.